GEDICHTE

Schläfrigkeit

 

Dies verhangene Szenario des Tages

Bewegung von Ketten umwunden

Der Seufzer sich aufbäumend

gleich einem wilden Pferd

Die vielen Füße ermüdet

kreisend um die Quelle

wehrten sich heftig

im festgeknüpften Netz der Nacht

Und wieder

schlugen die Uhren der Stadt

Vielleicht mitten in tiefer Nacht

Ein leises Klopfen an der Tür

Wer

Die knochige Kaktushand

Ein Ameisenzug

läuft über meine Augenlider

Bat ich dich nicht

schließ mich in die Arme

Ich mag nicht zergehen

Unter dieser grellgelben Sonne

Ach

Wieder hallt toter Spatzen Getschilp

Die Stille andauernd jahrhundertelang

wie unerträglich sie ist

Mein Bett in das ich zurück muß

döst vor sich hin

Wer weiß

ob der Schlaf kommt oder nicht

Wer weiß

ob der Tag anbricht oder nicht

 

 

Tür

 

Ich klopfe an die Tür

und sie öffnet sich

Aber ehe ich eintrete

tritt sie ein in mich

und öffnet ständig weitere Türen

in mir

Ich kann nicht erkennen

trete ich über die Schwellen

oder treten sie über mich

eine nach der anderen?

Verwirrt suche ich nach einem Dach

aber noch ehe ich es finde

entgleitet der Boden

mir unter den Füßen

 

 

Der erste Regen in Wien

 

 

Hier strömt die Erde selten

den Duft aus

wie es feuchte Erde tut

Aber wenn dann

die Gerüche der Stadt aufsteigen

treiben die Zweige der Erinnerung aus

Und irgendwo tief unten

schlägt das Verlorensein Wurzeln

 

 

Der Friedhof in Inzing

 

Die Kirchenglocken läuten

zur Mitternacht

für jene, die längst schon

friedlich schlafen auf dem Totenacker.

Wir fragen das Geläut

doch als Antwort kommt

sein Echo nur.

Kühne Berge

schicken uns winterliche Küsse.

Verloren in fremdem Tal

wird unterm Schnee das Lied begraben.

An jedem Schlüssel dreht das Herz

doch uns öffnet

keine Tür sich.

 

Erinnerung an einen regnerischen Tag

 

Wenn ich das Fenster öffne

öffne ich nur den Ausblick

auf die Berge

gejagt von wildem Nebel.

Der Himmel zerbricht

wie eine Eierschale.

Ein Weg, der sichtbar wird

unter gefrorenem Erdreich

winkt mir

mich zu vereinen

mit dem brausenden Meer.

Erschrocken öffne ich die Augen

blicke um mich

und sehe nichts

auch nicht das Meer

finde nur meine Beine versteinert

in den Splittern der Erinnerung.

 

Bilder

 

Ich fühle mich der Entfernung verpflichtet

 und stille mein Fernweh

begleite nomadische Schatten

auf ihrer Wanderung durch das Straßenlabyrinth

Werde von den Bildern eingeholt

wunderbaren Bildern

einer perfekten Laser-Show

Bilder die ich tief in der Elfenbeintruhe

meines Gedächtnisses

 verwahrt habe

Bilder, die ich hinterlassen habe

ohne Abschied

 

Bilder die ich in meinem Alltag atme

Bilder die so scharf sind

wie deine Gleichgültigkeit

schneiden rücksichtslos in meine Vene

Der Geschmack von Blut klebt

an meiner Zunge

und ein unausgesprochenes Wort

rutscht mir aus dem Mund

an den Rand der Unendlichkeit

 

Die Reise

 

Die ganze Nacht hindurch
bereiten wir uns auf die morgendliche Reise vor
Wir studieren die Reiseroute ,
lernen den Zeitplan auswendig
prüfen unser Gepäck
Immer und immer wieder

Aber wir vergessen
unseren Freunden zu danken
Abschiedsbriefe an unsere Müttern zu schreiben
unsere Geliebten zu lieben

Der Morgen bricht an

 nur um anzuzeigen, dass der Zug
bereits abgefahren ist
und einen Bahnsteig zurückgelassen hat
der wie ein mittelalterlicher König

 sich der Stille ergibt

 Und wir fahren ins Nirgendwo